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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.08.2006
Aktenzeichen: 1 UF 196/06
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 50 a I |
Gründe:
Die Parteien sind geschieden. Aus der Ehe sind die gemeinschaftlichen Kinder B., geboren am ....1997 und U., geboren am ....2000 hervorgegangen.
Erstinstanzlich hat die Antragstellerin beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge für das Kind U. zu übertragen. Nach Eingang der Stellungnahme des Jugendamtes hat das Familiengericht Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und zugleich das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet. Im Termin ist der ordnungsgemäß geladene Antragsgegner nicht erschienen. Mit der angegriffenen Entscheidung hat das Familiengericht daraufhin noch am Ende der Sitzung die elterliche Sorge für U. auf die Antragstellerin alleine übertragen.
Die nach § 621 e ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Die angegriffene Entscheidung beruht auf einem wesentlichen Verfahrensmangel.
Nach § 50 a Abs. 1 FGG hört das Gericht in einem Verfahren, das die Personensorge für eine Kind betrifft, die Eltern in der Regel persönlich an. Von der Anhörung darf nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen (§ 50 a Abs. 3 FGG). Ein schwerwiegender Grund in diesem Sinne kann jedenfalls nicht in dem einmaligen Nichterscheinen eines Elternteils zu einem anberaumten Gerichtstermin gesehen werden. Denn eine andere Wertung trägt der Bedeutung einer persönlichen Anhörung der Eltern in sorgerechtlichen Verfahren nicht die gebotene Rechnung. Sie dient nicht nur der nach § 12 FGG gebotenen Sachaufklärung. Es kommt hinzu, dass sorgerechtliche Entscheidungen besonders eingriffsintensiv sind, werden doch durch diese die persönlichen Verhältnisse und Beziehungen der Verfahrensbeteiligten wesentlich mitgestaltet. Vor diesem Hintergrund gebietet es auch der verfassungsrechtlich gebotene Grundrechtsschutz durch Verfahren, einen Elternteil in sorgerechtlichen Angelegenheiten persönlich anzuhören und hiervon nicht wegen einmaligem unentschuldigtem Ausbleiben abzusehen.
Da es sich um einen wesentlichen Verfahrensmangel handelt und weitere Ermittlungen geboten sind, ist es entsprechend § 572 ZPO (vgl. OLG Frankfurt/Main, 1. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 27.09.2002, 1 WF 157/02, FamRZ 2003, 321) erforderlich, die erneute Sachentscheidung dem Familiengericht zu überlassen. Mit Blick auf die Mitwirkung des Antragsgegners im jugendbehördlichen Verfahren und unter Einbeziehung seiner in der angegriffenen Entscheidung nicht berücksichtigten Stellungnahme vom 10. Mai 2006 ist auch nicht ausgeschlossen, dass das Familiengericht nach einer persönlichen Anhörung des Antragsgegners und gegebenenfalls weiter erforderlichen Ermittlungen zu einer anderen Entscheidung gelangt. Zumal auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen ein wird, nach welcher sich das Familiengericht im Rahmen des § 1671 BGB unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegebenenfalls auf eine teilweise Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu beschränken hat (vgl. BverfG, FamRZ 2004, 1015).
Ende der Entscheidung
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